In nur zwei Wochen endet unser Abenteuer USA und Benjamin wird ab August, dann als Dreijähriger, in einen deutschen Kindergarten gehen. Wir sind sehr gespannt, kennen wir doch bisher nur das amerikanische Modell der Preschool. Seit er 14 Monate alt ist, besucht Ben hier vormittags von 9 bis 12.30 Uhr einen Kindergarten, der zu einer baptistischen Gemeinde gehört. Diese kirchlichen Angebote sind hier weit verbreitet und mit monatlich rund $ 400 eine kostengünstigere Alternative zu den sogenannten Day Cares, bei denen die Betreuung je Kind locker $ 1.000 je Monat kostet (dann aber immerhin ganztags). Richtig gelesen! Im Gegensatz zu Deutschland spielt der Staat als Finanzierer solcher Einrichtungen keine Rolle.
Über Bens allerersten Tag, der damals komplett ohne Eingewöhnung stattfand, habe ich
hier schon einmal berichtet. Die Preschool bietet vier verschiedene Klassen an, für die Einjährigen, Zweijährigen, Dreijährigen und Vierjährigen. Ob die Kinder jeweils zwei, drei oder fünf Tage in der Woche kommen, können die Eltern selbst entscheiden und ein entsprechendes Paket buchen. Wir haben uns von Beginn an für die 5-Tage-Betreuung entschieden.
Dass das Wort "school" in Preschool wörtlich zu nehmen ist, hat uns damals sehr überrascht. Zwar lag der Schwerpunkt der 1er-Klasse noch viel auf Spielen, Singen und Kuscheln, doch auch damals gab es offensichtlich schon Vorgaben zu erfüllen. Die Eltern bekamen monatlich Infoblätter darüber, welche Formen, Farben und Zahlen gelernt wurden. Und tatsächlich konnte Ben am Schuljahresende, zu diesem Zeitpunkt nicht einmal zwei Jahre alt, schon auf englisch bis zehn zählen. (Da haben wir noch nicht einmal darüber nachgedacht, mit ihm auf deutsch zu zählen.) Das heißt jetzt nicht, dass seinen beiden teacher "drill instructor" waren. Ganz im Gegenteil habe ich Ben jeden Morgen vollen Vertrauens in die Hände von Miss Lisa und Miss Jen gegeben, zwei wunderbare und herzensgute Frauen, die Ben ebenso schnell lieb gewonnen hatte wie ich.
Leider wurde letzten Sommer mit dem Übergang in die zweite Klasse nicht nur der Klassenraum, sondern auch die Betreuung gewechselt. Ben bekam zwei neue teacher und hatte wie die meisten anderen Kids einige Tage mit der Veränderung zu kämpfen. Aber auch Miss Elena und Miss Wen hat er schnell in sein Herz geschlossen. Dass jetzt deutlich mehr Wert auf Lernen gesetzt wird, zeigt schon der Umstand, dass die Zweijährigen neben Musikunterricht zweimal pro Woche Spanisch haben. Zuckersüß, wenn Ben "Adios bye bye" sagt oder "say Ola". Ihm macht es Spaß und so lange noch genügend Zeit zum Austoben auf einem der beiden Preschool-Spielplätze bleibt, sei es drum. Davon ist übrigens nur einer klischeemäßig komplett aus Plastik, der andere besteht auch Holz. :-)
Auf hochgezogene Augenbrauen stößt aus deutscher Sicht vielleicht mehr die Tatsache, was die Kids jeden Morgen als Snack bekommen. Nicht Apfel- und Möhrenstückchen, sondern "animal cookies", "goldfish cracker" oder "veggie-straws" (wie Pommbären) stehen zur Auswahl (die riesigen Kartons dazu stapeln sich im Büro der Preschool-Direktorin). Für den Inhalt der später aufgetischten Lunch-Boxen sind die Eltern dann wieder selbst verantwortlich, wobei zweimal pro Monat "Pizza-Day" ist und alle eingeladen sind, für $ 3 Pizza, Limonade und Oreo-Kekse zu bestellen. Und wisst ihr was? I don't care. Ich bin so unendlich froh, dass Ben jeden Morgen gerne dorthin geht, dass er sich wohlfühlt und viel Spaß hat. Ernährungsfragen sind da einfach zweitrangig, zumal wir das Daheim auch nicht immer wie im Lehrbuch handhaben. Ich bin so zufrieden mit dieser Preschool, der Herzlichkeit aller Mitarbeiter, dem tollen Miteinander bei gemeinsam gefeierten Festen wie Thanksgiving, Valentine's Day oder Christmas und muss bei dem Gedanken, dass ich Ben dort bald zum letzten Mal abhole und wir gemeinsam "Good Bye" sagen, jetzt schon schlucken.